PROJEKTBESCHREIBUNG

Es ist keine ungewöhnliche Erscheinung, wenn die Ergebnisse eines kulturellen Projektes durch eine Ausstellung, die sich von den ersten Schritten der Sammlungsbildung an großteils auf die Kooperation (Inter-Aktion) ihrer späteren rezeptiven BenutzerInnen stützt, zu Gemeingut werden. Durch das Erlebnis der persönlichen Teilnahme und der direkten Betroffenheit kann sich ein Publikum – oder besser gesagt: eine Gemeinschaft! – bilden und zu einer positiven Meinung über den diese Gemeinschaft induzierenden Ort – in unserem Falle das „Museum” – beitragen.

Haben wir aber die Absicht, die Exponate unserer geplanten Ausstellung ausschließlich aus für sie gesammelten Leihgaben zu rekrutieren, dann ist das wohl ein gewagteres Unternehmen. Die Aufgabe wird noch komplizierter, wenn unsere Sammeltätigkeit sich ausschließlich auf die Aktivität von Jugendlichen stützt. Wir sind diesen Weg gegangen. Diese Zusammenarbeit mit den Jugendlichen konnte durch den „Klub der Museumskäfer im Komitat Vas” entstehen, dessen Programm sich in mehreren Punkten mit den Themen des Projektes „Gyermekvilágok – Kinderwelten” überschnitten hat.

Museumskäfer-Lager
Zuerst sollten wir ein fünftägiges „Museumskäfer-Lager”, das im Sommer 2006 stattfand, erwähnen. In diesem Lager wählten wir Themenkreise wie Kindheit und die Geschichte der Kinderspielzeuge als Motiv.

„Ein Haufen Puppen im Sperrmüll, Wirklich?”
Das museumspädagogische Programm „Babahalom a lomban. Valóban?” (Ein Haufen Puppen im Sperrmüll, Wirklich?) geleitet von Mitarbeiterinnen des Volkskundemuseums, Budapest (Savaria Museum am 1. Dezember 2006; Programmleiterinnen: Emese Joó, Júlia Vörös) versuchte, die aktive Mitarbeit in der Sammlungsbildung anzuregen. Das primäre Ziel des Programms war jedoch, in den TeilnehmerInnen des Projektes Sensibilität und Resonanzen zu generieren, mit deren Hilfe sie ihre eigene Umgebung „durch fremde Augen” betrachten konnten. Auf Basis der Erfahrungen, die wir in diesem Workshop machten, entwickelten wir ein Formular zur Beschreibung von Sammlungsgegenständen, das wir bei der die Ausstellung vorbereitenden Sammelarbeit verwendet haben.

Kinderwelten in Bildener Kunst
Im Februar 2007 haben wir in der ägyptischen Sammlung und in der thematischen Gemäldeausstellung des Kunsthistorischen Museums Budapest nach Gegenständen und Kunstwerken, die etwas mit Kindheit zu tun haben, gesucht. Anhand von mittelalterlichen Flügelaltären oder von spanischer Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts wollten wir herausfinden, wie die Künstler in verschiedenen Zeiten Kindheit mit den Mitteln der Bildenden Kunst darstellten. (10. Februar 2007; Programmleiterin: Drinóczky Viktória, Museumspädagogin.)

Kinderwelten im Burgenländischen Landesmuseum
Schließlich haben wir gemeinsam mit den am Projekt teilnehmenden österreichischen Jugendlichen im Burgenländischen Landesmuseum Eisenstadt Exponate und Gegenstandsgeschichten, die uns an die jüngste Vergangenheit der Kinderwelten erinnern, erforscht. (26. März 2007; Leiterin: Barbara Mayer).

Zahlreiche Impulse dieser museumspädagogischen Programme dienten der Effektivität der für die Ausstellung nötigen Sammel- und Aufschließungsarbeit. Diese kulturellen Aktivitäten boten Anhaltspunkte zur Wahrnehmung von Objekten der eigenen heutigen und der früheren Kinderwelten der Eltern und der Großeltern.

Exponate, die die Welt bedeuten?
Gegenstände werden von uns nicht nur benutzt, sondern sind auch Anlass und Themen unserer Gespräche. Bei solchen Gesprächen schaffen wir Geschichten über die Alltagsgegenstände. In den Gegenständen „verbergen” sich ausgesprochen oder unausgesprochen auch Erinnerungen. Das meist leise, persönliche Hängen an diesen Erinnerungen kann sich zuletzt auch auf die Identität ihrer BesitzerInnen oder BenutzerInnen auswirken. Diese Botschaften können sich im Laufe der Zeit leicht verändern oder sogar verloren gehen. Das betrifft sowohl Einzelpersonen als auch Familien oder größere Gemeinschaften.

Die Ausstellung „Gyermekvilágok – Kinderwelten #2” hatte das Ziel, diese im Alltag so eindeutigen, jedoch unreflektiert gebliebenen, besonders leicht flüchtigen kulturellen Prozesse unter die Lupe zu nehmen. In der ersten Etappe der Vorbereitung interpretierten ungarische und österreichische Kinder und Jugendliche die Gegenstandswelt ihrer eigenen Zimmer, indem sie selbstständig und in Gemeinschaftsarbeit die im Alltag erlebten eigenen „Zimmerwelten” dokumentierten und auswerteten. In der zweiten Etappe wurde die Arbeit der ungarischen TeilnehmerInnen um eine Ausschreibung erweitert, die GrundschülerInnen- und MittelschülerInnen des Komitates Vas zum Sammeln von Gegenständen der Kindheit ihrer Eltern, Großeltern oder sogar Urgroßeltern aufrief.

In Reaktion nahmen an dieser außergewöhnlichen Forschungsarbeit 78 Personen, nicht nur Kinder, sondern auch die Mitglieder des Klubs für „Museumskäfer im Komitat Vas“ teil. Dank ihrer Mitarbeit und der des Burgenländischen Geschichte(n)hauses Bildein standen fast fünfhundert Gegenstände und zahlreiche Objektgeschichten für die gemeinsame Ausstellung im Savaria Museum zur Verfügung.